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Mathematiker
 

Gottfried Wilhelm Leibniz

Gottfried Wilhelm LeibnizGottfried Wilhelm Leibniz, geboren 1646 in Leipzig, gestorben 1716 in Hannover, gilt als  Universalgelehrter. Er war Jurist, Historiker und Diplomat, zudem ein bedeutender Mathematiker, Philosoph und auch Physiker.

Als Hofrat und diplomatischer Gesandter weit gereist und viel beschäftigt, hat sich Leibniz zunächst mit der Mathematik mehr oder weniger nur nebenher beschäftigt. Umso bedeutender ist - nach Begegnungen mit Christiaan Huygens in Paris, John Pell in London und vielen anderen sowie nach intensivem Studium der zeitgenössischen Mathematik - seine Erfindung der Infinitesimalrechnung.

Isaac Newton, der diese damals geradezu revolutionäre neue Disziplin fast zeitgleich mit Leibniz aber unabhängig von diesem ebenfalls entwickelt hat, ging hierbei von kinematischen Überlegungen aus, Leibniz dagegen bevorzugte eine algebraische Herangehensweise. Genial und einfach zugleich waren die von Leibniz eingeführten Symbole, die wir heute noch benutzen, insbesondere dx, dy für „unendlich kleine“ Größen und als Summationszeichen (erst 1690 hat Jacob Bernoulli die Verwendung des Wortes „Integral“ vorgeschlagen).

Auch andere Schreibweisen stammen übrigens von Leibniz: der Multiplikationspunkt, die Benutzung von Indizes, die Verwendung der Potenzschreibweise axfür variable Exponenten x und vieles andere.

1684 hat Leibniz seine neuen Rechenverfahren erstmalig veröffentlicht. Der Titel seiner Abhandlung lautete: Nova methodus pro maximis et minimis, itemque tangentibus, quae nec fractas nec irrationales quantitates moratur, et singulare pro illis calculi genus, auf deutsch: Eine neue Methode für Maxima und Minima, auch für Tangenten, die weder durch gebrochene noch durch irrationale Größen behindert wird, und ein einzigartiger Kalkül für jene. In diesem Aufsatz gibt Leibniz bereits ein Beispiel dafür an, wie man mit seinem neuen Kalkül Probleme sehr elegant lösen kann: die Herleitung des Snellius’schen Brechungsgesetzes aus dem Fermat’schen Prinzip.

1691 lösten Leibniz, Johann Bernoulli und Huygens unabhängig voneinander das alte Problem der Kettenlinie: Welche Kurve beschreibt eine in zwei Punkten L und R befestigte Kette, die aus gleichartigen, schweren und aneinander gekoppelten Kettengliedern besteht?

Auf jedes Kettenglied wirkt eine Zugkraft F (in der Zeichnung blau dargestellt). Die x-Komponenten dieser Kräfte sind allesamt gleich groß; die y-Komponente Fy  wächst gleichförmig mit der Anzahl der Kettenglieder bzw. mit der Länge s des Bogens zwischen U und dem Ort des jeweiligen Kettengliedes.

Denkt man sich nun die einzelnen Kettenglieder „sehr klein“ und bezeichnet mit ds den Mittenabstand benachbarter Kettenglieder, dann gilt für den relativen Zuwachs von Fy

dFy/ds = konstant

und für Fy

Fy(s) = dFy/ds·s.

Jeder resultierende Kraftvektor ist tangential zur Kettenlinie im jeweiligen Kurvenpunkt P(x|y). Deswegen gilt

dy/dx(x) = Fy(s)/Fx = c·s(x)

mit

= dFy/Fx·ds.

Unter Verwendung von

d= (dx)2 + (dy)2

folgt

d2y/dx2(x) = c·1 + (dy/dx(x))2.

Diese Differentialgleichung wird gelöst durch

= cosh(c·(x + a))/c + b.

mit beliebigen Konstanten a und b. In exponentieller Schreibweise lautet diese Gleichung

= e(c·(x + a)) + e(−c·(x + a))/2c + b.

Befindet sich der Scheitelpunkt U der Kettenlinie - so wie oben gezeichnet - auf der y-Achse, dann ist a = 0 und man erhält

= e(c·x) + e(−c·x)/2c + b.

1646 Leibniz wird (nach heutigem Kalender) am 1. Juli geboren.
1661 Immatrikulation an der Universität Leipzig: Philosophie, Theologie und Jura.
1663 Leibniz wechselt an die Universität Jena: Studium der Mathematik, Physik und Astronomie.
1664 Leibniz erhält den Titel Magister Philosophiae.
1667 Leibniz wird in Altdorf beri Nürnberg Doctor Juris.
Mitgliedschaft im Geheimbund der Rosenkreuzer in Nürnberg.
Alchemistische Studien.
1670 Dienstantritt beim Erzbischof von Mainz (Johann Philipp von Schönborn) als Hofrat (bis 1674).
1672 Diplomatische Denkschrift Consilium Aegyptiacum.
Aufenthalt in Paris (bis 1676). Dortige Bekanntschaft mit Christiaan Huygens.
Kurzaufenthalte in London. Kontakt u.a. mit John Pell, Robert Hooke und Robert Boyle.
Beschäftigung mit unendlichen Reihen.
1674 Dienstantritt beim Herzog Johann Friedrich.
Erfindung der Staffelwalze, die nach den Plänen von Leibniz vom Feinmechaniker Olivier hergestellt wird.
Aufnahme in die Royal Society als korrespondierendes Mitglied.
1675 Mathematische Studien.
Entwurf des Calculus.
1676 Leibniz wird Bibliothekar und juristischer Berater beim Herzog Johann Friedrich von Hannover.
1678 Leibniz erhält den Auftrag, die Erzförderung im Oberharzer Bergbau zu verbessern.
1684 Artikel zur "Differentialrechnung" in der Zeitschrift Acta eruditorum: Nova Methodus pro maximis et minimis...
1685 Beginn einer Reise durch Europa, um im Auftrag des Welfenhauses eine Geschichte der Welfen zu schreiben.
1686 Abhandlung zum Calculus summatorius: De geometria recondita et analysi indivisibilium atque infinitorum.
1691 Leibniz wird Hofrat und Bibliothekar in Wolfenbüttel.
Lösung des Problems der Kettenlinie
1696 Leibniz wird Geheimer Justizrat und Historiograph des Kurfürsten von Hannover.
1700 Essay d’une nouvelle science des nombres.
In Berlin wird die Kurfürstlich-Brandenburgische Societät der Wissenschaften gegründet. Leibniz wird ihr Präsident.
1707 Essais de Théodicée sur la bonté de Dieu, la liberté de l’homme et l’origine du mal (veröffentlicht 1710).
1711 Nach Gesprächen mit Zar Peter dem Großen ernennt dieser Leibniz zum russischen Justizrat.
1716 Leibniz stirbt.
1901 Der Historiker Paul Ritter beginnt mit der Katalogisierung der Leibniz'schen Handschriften.
1923 Es erscheint der 1. Band der Leibniz-Edition: Allgemeiner, politischer und historischer Briefwechsel.

Wikipedia: Gottfried Wilhelm Leibnizexterner Link
Harro Heuser: Aus den Anfängen der Infinitesimalrechnungexterner Link
Leibniz-Edition: DIE AKADEMIE-AUSGABEexterner Link